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Stadtarchiv Bozen
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Bozens Ratsprotokolle im Überblick

Die Digitalisierung der Ratsprotokolle will dazu beitragen, einzigartige Quellen für unser Wissen über die „verlorenen Lebenswelten" von Bozens Vergangenheit benutzerfreundlich, frei und dauerhaft zugänglich zu machen.

Seit dem 15. Jahrhundert ist für die inneralpine Territorialstadt Bozen ein eigener Stadtrat, also ein kommunales Organ politischer Willensbildung, nachgewiesen. Von den habsburgischen Landesherren eingesetzt und mit einem Privileg König Friedrichs III. von 1442 zusätzlich aufgewertet, fasste der Rat bei seinen periodischen Sitzungen im Rathaus jene Beschlüsse, die nahezu alle Materien des wirtschaftlichen, politischen und sozialen Lebens der Stadt regelten. Die in Buchform überlieferten Ratsbeschlüsse - in den Quellen auch „Ratschlagbücher" genannt - gehören darum zum Kernstück dessen, was wir über Bozens Vergangenheit wissen.

Die deutliche Aufwertung der städtischen Verwaltungshoheit erfolgte insbesondere in der Regierungszeit Herzog Sigmunds von Österreich-Tirol (1439/46-1490). Vor dem Hintergrund eines alle städtischen Bereiche erfassenden Innovations- und Modernisierungsschubs kam es zu erhöhter Normenproduktion und zu einem deutlichen Anwachsen kommunaler Schriftlichkeit. Neben einer eigenen Stadtrechtskodifikation von 1437, einem Amts- und Privilegienbuch (dem sogenannten „Stadtbuch") von 1472-1525 sowie dem Bezug eines eigenen Rathauses im Jahre 1455 sind die seit 1469/70 vorliegenden Ratsprotokolle die wichtigsten Indikatoren für die Entfaltung pragmatischer Schriftgutproduktion, normativer Zentrierung und kultureller Organisation.

Als serielle Quellen sind die Ratsprotokolle, zugleich mit den parallel einsetzenden Bürgermeisteramtsrechnungen, Ausdruck einer stärkeren Professionalisierung und Bürokratisierung der Verwaltungstätigkeit. In den Handschriften sind, nach Geschäftsjahren geordnet und unter dem Datum der Sitzungen, die Beratungen und Beschlüsse des jeweils amtierenden Bozner Stadtrats überliefert. Dieser verfolgte die Aufgabe, durch herrschaftliche Verfügungen gewerblicher, polizeilicher oder finanzieller Art für das Funktionieren des spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Gemeinwesens zu sorgen. Neben diesen detailreichen Niederschriften der öffentlichen Verwaltung enthalten die Protokolle auch sehr informative Listen der Ratsherren, geordnet nach den jeweiligen Gerichtsbezirken der Stadt, sowie in aller Regel eine Auflistung der städtischen Ämter, die innerhalb eng umschriebener Personenkreise vergeben wurden. Die selbständige Politik des Rates war durch die Obrigkeit der habsburgischen Landesherren, insbesondere durch die Strafgerichtsbarkeit des Landrichters von Gries-Bozen, beeinträchtigt. Gegenüber diesen Herrschaftsträgern vertrat der Rat die Stadtbewohner „nach oben", übte gleichzeitig aber auch Herrschaft „nach unten" aus und war damit in eine spannungs- und aufschlussreiche Doppelbindung hineingestellt.


(Zuletzt überarbeitet: März 2019)

Weiterführende Literatur: